Falsche Prioritäten im deutschen Bundeshaushalt
Um der drohenden Staatshaushaltskrise zu begegnen, kündigte Bundesfinanzminister Christian Lindner Pläne an, im Rahmen der Vorbereitungen für den Staatshaushalt 2024 unter anderem internationale Finanzhilfen und Förderprogramme zu kürzen Entwicklungszusammenarbeit um etwa ein Viertel und humanitäre Hilfe. In dieser Legislaturperiode um etwa 30 %.
Diese Pläne stehen im krassen Gegensatz zu wachsenden Anforderungen in der Entwicklungspolitik, der humanitären Hilfe und der internationalen Klimafinanzierung. Die Liste der globalen Herausforderungen ist lang und die Fortschritte bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bleiben gering. Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt, verschärft durch die Klimakrise, die Menschen auf der ganzen Welt schwer trifft. Millionen leiden unter Ernährungsunsicherheit und Hunger. Insbesondere in Haiti, Jemen, Afghanistan und Somalia haben sich diese Probleme verschlimmert.
Unterdessen sind viele Länder im globalen Süden aufgrund der Pandemie und anderer Herausforderungen mit begrenzten Budgets konfrontiert. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Staaten Geben Sie mehr Geld für Schuldzinsen aus Mehr als Bildung oder Gesundheitsfürsorge. Diese instabile Situation erfordert mehr internationale Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus geben die eskalierenden Spannungen infolge des israelisch-palästinensischen Konflikts sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene zunehmend Anlass zur Sorge.
Finanzierungsziele sind gefährdet
Umso besorgniserregender sind geplante Kürzungen der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe. Es weckt Zweifel, ob die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen die im Koalitionsvertrag festgelegten Finanzierungsziele erreichen kann. Zu diesen Zielen gehört die Bereitstellung von mindestens 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe, davon 0,2 % für die ärmsten Länder – plus zusätzliches Geld für die internationale Klimafinanzierung.
In den letzten zwei Jahren hat Deutschland sein 0,7-Prozent-Ziel vor allem aus zwei Gründen erreicht: Erstens nutzte die Bundesregierung während der Pandemie einen kleinen Teil ihrer großen Rettungsgelder, um Ländern im globalen Süden bei der Bewältigung der Pandemie zu helfen. Zweitens meldet sie der OECD immer mehr Gelder in Form offizieller Entwicklungshilfe, die dem globalen Süden überhaupt nicht zugutekommen, etwa die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland.
Da wir die Hälfte der Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht haben, ist es für die Bundesregierung von entscheidender Bedeutung, ihre Anstrengungen zu intensivieren. Die Nichteinhaltung der Agenda 2030 wird die Menschen im globalen Süden unverhältnismäßig stark treffen. Anstatt Entwicklungs- und humanitäre Hilfsbemühungen finanziell zu untergraben, sollte die Bundesregierung entschlossene Maßnahmen ergreifen, um die globale Ernährungskrise, die zunehmende Ungleichheit, humanitäre Notlagen und die drängenden Herausforderungen des Klimawandels anzugehen.
Zivilgesellschaftliche Organisationen sind dagegen immun
Im kommenden Haushalt 2024 sollen Mittel für zivilgesellschaftliche Projekte vor Kürzungen geschützt werden. Dies berücksichtigt die entscheidende Bedeutung dieser Projekte für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und erkennt ihren Wert an. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Ungleichheit zu bekämpfen und sich für Demokratie, Menschenrechte und Frieden einzusetzen. Allerdings liegt Deutschland bei der Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die rund 14 % der bilateralen öffentlichen Entwicklungshilfe ausmacht, deutlich unter dem OECD-Durchschnitt.
VENRO schätzt, dass im Jahr 2021 rund 31 Milliarden Euro an deutschen Entwicklungs- und humanitären Hilfsgeldern fehlen, um in der laufenden Legislaturperiode entscheidende Ziele zu erreichen. Leider deuten die aktuellen Pläne der Regierung nicht darauf hin, dass diese Lücke in absehbarer Zeit geschlossen werden kann. Es wird immer wichtiger, dafür zu kämpfen, dass Deutschland angemessene finanzielle Ressourcen bereitstellt, um seinen Verpflichtungen zur Bewältigung globaler Herausforderungen und zur Unterstützung des sozialen und ökologischen Wandels nachzukommen.
Asa Manson Er ist Geschäftsführer des Deutschen NGO-Vereins für Entwicklung und Humanitäre Hilfe (VENRO).
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Lukas Goltermann Er ist Experte für haushaltspolitische Fragen bei VENRO.
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