Sachsen-Anhalt: Haseloff entlässt Innenminister Stahlknecht
Im Streit um die Übertragungstarife droht eine Regierungskrise in Sachsen-Anhalt. Nachdem Innenminister Stahlknecht eine CDU-Minderheitsregierung ins Spiel gebracht hatte, verdrängte ihn Ministerpräsident Haseloff.
Der sächsisch-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff hat den Innenminister Holger Stahlknecht entlassen. Während der laufenden Bemühungen des Premierministers zur Stabilisierung der „Kenia-Koalition“ hatte Stahlknecht „unkoordiniert“ und „öffentlich die Auflösung der Koalition und die Möglichkeit einer ausschließlich von der CDU gebildeten Minderheitsregierung vorgeschlagen“, sagte die Staatskanzlei.
Haseloff betonte, dass sein Ziel, insbesondere angesichts der Koronapandemie, immer noch darin bestehe, „eine Regierung zu führen, die in jeder Hinsicht handlungsfähig ist und auch eine glaubwürdige Mehrheit im Landtag hat“. Das dafür notwendige Vertrauensverhältnis, das insbesondere in der Führung des Innenministeriums benötigt wird, „wurde durch Stahlknechts Aktionen so stark gestört, dass er nicht mehr der Landesregierung angehören kann“. Er hat der Stahlknecht bereits die Entlassungsbescheinigung gegeben.
Stahlknecht, seit zwei Jahren auch Sachsen-Anhalt-Chef der CDU, wurde lange Zeit als möglicher Nachfolger von Haseloff vermarktet. Nach mehreren Fehlern und Skandalen in seinem Ministerium und in der CDU hatte er dem Premierminister jedoch im Spitzenkandidaten für die nächsten Landtagswahlen im Juni 2021 Priorität eingeräumt.
Streit um die Funklizenzgebühr
Zuvor hatte Stahlknecht seiner Partei Nein zur Erhöhung der Funkgebühr bestätigt. In Magdeburgs „Volksstimme“ schloss er einen Bruch in der Koalition nicht mehr aus. Wenn die SPD und die Grünen den Zusammenbruch der Koalition zulassen, „würde es am 6. Juni 2021 eine CDU-Minderheitsregierung und regelmäßige Landtagswahlen geben.“
Stahlknecht reagierte negativ, wenn die CDU ihre Position vor der Sitzung des Medienausschusses am 9. Dezember verlassen würde: „Die CDU wird ihre Position nicht räumen.“ Er kritisierte, dass die Diskussion den Eindruck erweckte, dass es nur etwa 86 Cent pro Familie und Monat waren: „Insgesamt sprechen wir jedoch von einer Summe von 1,5 Milliarden Euro in vier Jahren, die mehr öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten pro Jahr erhalten sollten.“ Die CDU-Fraktion stellt zu Recht die Frage, ob ausreichende Sparmaßnahmen ergriffen wurden. Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben den Transformationsprozess in den ostdeutschen Bundesländern „nicht ausreichend gestaltet“. Sie berichteten „gelegentlich mit erhobenem Zeigefinger der Moralisierung“.
Er kritisierte auch die Kommission für die Ermittlung des finanziellen Bedarfs von Rundfunkunternehmen (EFCs): „EFC präsentiert seine geölten, geölten und nicht mehr greifbaren Vorschläge.“ Es sollte gefragt werden, ob dieses Verfahren noch aktuell ist: „Es kann nicht vorkommen, dass die Landtage in Deutschland zum Abnickvereinen degradiert werden“.
Die SPD und die Grünen spüren einen Coup
Die Funklizenzgebühr wird voraussichtlich im nächsten Jahr auf 18,36 EUR steigen. Allein in Sachsen-Anhalt gibt es dafür keine Mehrheit. Bisher gibt es noch keine Konvergenz. Die SPD und die Grünen beschuldigten Stahlknecht, den Streit nutzen zu wollen, um Haseloff zu stürzen.
„Jetzt gibt es Klarheit“, schrieb die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Cornelia Lüddemann, und strebte das Interview in Stahlknecht an. Die CDU befasste sich nie mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern mit dem Sturz von Haseloff und der Vorbereitung einer Minderheitsregierung mit AfD. SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle beschuldigte Stahlknecht, persönliche Ziele zu verfolgen. „Jemand hier möchte die Chance nutzen, den Machtkampf in der CDU zu gewinnen“, sagte Pähle. „Der Versuch einer strategischen Verschiebung nach rechts ist ein absichtliches Brechen des Damms und eine offene Kriegserklärung gegen den Premierminister.“
Unzufriedenheit auch in der CDU
Das Interview schuf auch eine angespannte Situation in der staatlichen CDU, es ist von Wutausbrüchen die Rede. Die Christdemokraten versuchen seit Wochen sicherzustellen, dass sich ihre Grundposition im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erheblich von der der AfD unterscheidet. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind korrekt und wichtig, wiederholte Medienpolitiker Markus Kurz immer wieder. Die Stationen seien jedoch zu groß und zu teuer, erklärte er, warum seine Fraktion gegen die Tariferhöhung stimme und sie landesweit blockieren wolle.
Die AfD lehnt auch den Staatsvertrag einschließlich der Prämie ab und hat mit den Christdemokraten eine Mehrheit im Landtag. Die oppositionelle OpD ist im Wesentlichen gegen das Beitragssystem.
Stahlknecht wurde oft kritisiert
Das unkoordinierte Interview ist Teil einer ganzen Kette von Vorfällen, an denen Stahlknecht in den letzten Jahren Kritik geübt hat. Noch vor wenigen Wochen schlug der Präsident des Zentralrats der Juden, Armin Schuster, seinen Rücktritt vor und beschuldigte ihn, den Antisemitismus mit Aussagen zum Polizeischutz für jüdische Institutionen zu fördern. Weitere Beispiele waren die widerstrebende Ausweisung eines CDU-Bezirksleiters in Anhalt-Bitterfeld, der ein berühmtes Neonazi-Motiv auf seinen Arm tätowiert hatte, oder die hastige und letztendlich erfolglose Ernennung des umstrittenen Polizeigewerkschaftlers Rainer Wendt zum Sekretär von Zustand.