Tech-Gigant Apple wehrt sich gegen Standardisierung von Smartphone-Ladekabeln
Viele von uns haben sicher nicht mehr unser erstes Smartphone. Die schnelle Entwicklung der Technologie und die vergleichsweise kurze Lebensdauer der Handys sorgen dafür, dass sich die Nutzer alle zwei bis drei Jahre ein neues Gerät kaufen. Das alte Handy landet dann in der Kiste oder der Schublade, in der sich mehrere alte Geräte tummeln.
Und mit ihnen auch die vielen alten Kabel, denn wir erinnern uns, dass es damals noch für jedes Gerät ein eigenes Ladekabel gab. Für das Laden eines anderen Geräts sind diese Kabel nicht mehr geeignet. Es sammelt sich also ein Haufen von Elektroschrott an. Das ist ärgerlich für Verbraucher und schädlich für die Umwelt. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission produzieren alte Ladegeräte jährlich mehr als 51.000 Tonnen Elektroschrott.
Und es gibt noch einen anderen Nachteil. Wer beispielsweise gerade kein Ladekabel dabei hat, fragt einen Kollegen oder Freund, ob er eines dabeihat. Was früher problematisch war, ist heute relativ einfach. Die meisten heute verkauften Telefone verwenden Micro-USB-Stecker zum Aufladen, aber nicht das High-End-Gadget von Apple. Wer ein iPhone besitzt und gerade kein Ladekabel zur Verfügung hat, muss wohl auf das Spiel mit Online Spielautomaten solange verzichten, bis man wieder zu Hause ist.
Um den unnötigen Verbrauch von wertvollen Rohstoffen zu reduzieren, hat die Europäische Union ein Gesetz verabschiedet, das die Standardisierung der Ladekabel in Europa vorsieht. Im Laufe der Jahre passten die meisten Smartphone-Hersteller ihre Kabel an bestimmte Standards an, mit Ausnahme von Apple. Diese sind genauso wie ihre Handys, nämlich einzigartig. Ein gemeinsames Ladekabel für alle Geräte würde das Leben vereinfachen. Es würde es auch einfacher machen, alte Geräte wieder in Betrieb zu nehmen. Und es würde viel Geld sparen. Seit über einem Jahrzehnt drängt die Europäische Kommission bereits darauf, dass sich die Hersteller auf ein universelles Ladegerät einigen, doch es scheint schwer, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Warum Apple sich gegen eine Standardisierung wehrt
Aktuelle Dokumente, die vor kurzer Zeit veröffentlicht wurden, zeigen, warum sich der Tech-Konzern so vehement dagegen zur Wehr setzt. Rund 150 E-Mails, Sitzungsprotokolle und Berichte, die nach dem EU-Gesetz zur Informationsfreiheit veröffentlicht wurden, enthüllen Apples Kampagne, das gemeinsame Ladegerät zu stoppen. Apple argumentiert, dass ein Universalladegerät die Innovation verlangsamen und mehr Umweltverschmutzung verursachen würde.
Die Geschichte beginnt aber weitaus früher, nämlich im Jahre 2009. Damals wurden Telefone mit über 30 verschiedenen Ladegeräten geliefert. Der damalige EU-Industriekommissar Günter Verheugen forderte die Hersteller auf, sich auf einen gemeinsamen Standard für Smartphones zu einigen. Das war aber damals noch ein Novum.
Die Kommission konnte aber bald einen ersten Sieg feiern. Im Juni 2009 unterzeichneten zehn führende Hersteller, darunter Nokia, Samsung und Apple, ein Memorandum of Understanding (MoU). Sie verpflichten sich, „auf Basis des Micro-USB-Anschlusses kompatible Ladegeräte bereitzustellen“. Nach zwei Jahren konnten rund 90 Prozent der neuen Smartphones mit Micro-USB-Steckern aufgeladen werden.
Dennoch wurden die Ladegeräte nicht universell. Das Memorandum erlaubte es nämlich den Herstellern, ihren eigenen Stecker zu verwenden. Bis heute hat Apple seinen eigenen Stecker, auch bei neuen Geräten.
Muss sich Apple beugen?
Laut einem Bericht von Reuters will die Europäische Kommission in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, der Hersteller von Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten zu einer gemeinsamen Ladeschnittstelle verpflichtet. Das soll nicht nur für Smartphones gelten, sondern auch für Kameras und Kopfhörer.
Sollte es zur Verabschiedung des Gesetzes kommen, müsste sich Apple von seiner Lightning Verbindung verabschieden. Experten gehen davon aus, dass sich USB-Typ C durchsetzen wird, obwohl Micro USB immer noch am häufigsten verwendet wird. USB-Typ C bietet allerdings viele Vorteile und gilt im Allgemeinen als zukunftssicherer.
Theoretisch sollte dies den Verbrauchern zugutekommen, da beim Umstieg auf ein anderes Gerät kein neues Ladekabel benötigt wird. Ein iPhone-Nutzer müsste beispielsweise sein Lightning-Kabel nicht mehr mitbringen, wenn er einen Freund mit einem Android-Smartphone besucht.
Aber vielleicht ist das Gesetz gar nicht mehr notwendig, denn die kabellosen Ladegeräte sind im Kommen. Doch hier steckt der Markt noch in den Anfängen und könnte sogar erneut für Diskussionen sorgen. Bisher wird fast ausschließlich der Qi-Standard angewandt. Allerdings stehen bereits mehrere alternative Lösung kurz vor dem Eintritt in den Markt.
Die EU steht dem kabellosen Laden grundsätzlich kritisch gegenüber. Der Stromverbrauch ist nachweislich höher und eine britische Studie legt nahe, dass auch die Haltbarkeit von Akkus unter induktivem Laden leidet.
Es ist fraglich, ob es die Hersteller der Smartphones schaffen, sich auf einen Standard zu einigen. Vielleicht ist es auch hier genauso wie einst bei Videokassetten, als sich am Ende eine bestimmte Variante durchsetzen konnte und die restlichen Varianten nach und nach vom Markt verschwanden.