Welche Länder werden überleben, wenn Europas Touristen verschwinden?

Der Tourismus ist die Lebensader der griechischen Wirtschaft und macht etwa ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts aus. Ungefähr 800.000 Menschen – bei einer Bevölkerung von 10,3 Millionen – arbeiten in dem Sektor, der in diesem Jahr voraussichtlich 34 Milliarden Pfund erwirtschaften wird, was nahe seinem Höchststand vor der Pandemie liegt.

Das Hauptproblem des Overtourism auf einigen Inseln ist die Umwelt. Santorini hat 15.000 Einwohner, kann aber bis zu 2 Millionen Besucher pro Jahr empfangen; 90 Prozent des BIP stammen aus der Reisebranche. Der Anstieg der Besucherzahlen führt dazu, dass „Häfen und Riffe auf beliebten Inseln stark verschmutzt sind, während wir es mit weniger verschmutzten Gebieten auf Inseln zu tun haben, auf denen die Zahl der Touristen begrenzt ist“, sagt George Sarilakos, Gründer und Präsident der Umweltorganisation Aegean Rebreath .

„Griechenland hat ein nicht nachhaltiges Modell entwickelt, das Land- und Meeresdegradation, Überbauung, Küsteneingriffe, unkontrolliertes Ankern von Booten, riesige Kreuzfahrtschiffe auf kleinen Inseln und übermäßigen Verbrauch von Einwegkunststoffen fördert.“

Die Besucherzahlen in Griechenland boomten im Zuge des Arabischen Frühlings, als der Tourismus im Libanon, in Tunesien, Syrien, Libyen und zeitweise auch in Marokko und der Türkei einbrach. Ohne infrastrukturelle Verbesserungen stieg die Zahl der 10 Millionen Touristen im Jahr 2010 auf über 30 Millionen Besucher im Jahr 2019.

Dr. Nikolaos Pappas, Professor für Tourismusentwicklung und Krisenmanagement an der University of Sunderland, sagt, die Feindseligkeit gegenüber Touristen sei zum Teil eine Reaktion auf die Flüchtlingskrise. „Was wir ab 2010 tatsächlich in allen Europa-Mittelmeer-Ländern erleben, ist eine deutliche Zunahme des Nationalismus und der extremen Rechten – verbunden mit Migration und der Flüchtlingskrise –, die sich auch auf die Verhaltensaspekte der Anwohner gegenüber Touristen auswirkt.“

Ohne den Tourismus würden viele griechische Inselbewohner zur Arbeit auf das Festland abwandern. Allerdings bedeutet die Arbeitslosenquote in Griechenland von 10,9 %, dass nur eine kleine Zahl von Menschen eine feste Arbeit finden wird. Viele versuchen möglicherweise, ins Ausland zu reisen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist.

Außerhalb von Athen und ein oder zwei anderen Städten ist fast das gesamte Netzwerk an Flughäfen, Straßen, Hotels und Einzelhandelsinfrastruktur in Griechenland auf die Bereitstellung von Tourismus ausgerichtet. Hotels könnten zu Altersheimen oder kleinen, preiswerten Wohnungen werden. Doch Font sagt: „Ohne die Möglichkeit, die Infrastruktur für andere wirtschaftliche Zwecke umzuwidmen, wird die griechische Wirtschaft zusammenbrechen, was Auswirkungen auf alle anderen Aspekte der Wirtschaft haben wird.“